Mai 18, 2022 | Oder-Ausbau, Pressemitteilungen

EU-Kommission: Polen hat Informationspflichten zum umstrittenen Oderausbau nicht eingehalten

Die EU-Kommission will die umstrittenen Ausbaupläne von Polen an der Oder „sehr aufmerksam verfolgen“. Das kündigte EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius gegenüber den Brandenburger Europaabgeordneten Ska Keller und Sergey Lagodinsky, sowie der EU-Umweltpolitikerin Jutta Paulus (alle B90/Die Grünen) an. Kommissar Sinkevičius verweist darauf, dass die Kommission in Bezug auf die Habitat-Richtlinie von den polnischen Behörden weder eine Mitteilung noch ein Ersuchen um eine Stellungnahme erhalten habe, dies sei jedoch eigentlich vorgeschrieben.

„Aber genau gegen die Habitat-Richtlinie wird aktuell durch die Baumaßnahmen verstoßen. Ich sehe die EU-Kommission in der Pflicht, nicht nur mahnende Worte auszusprechen, sondern auch konkret zu überprüfen, an welchen Stellen EU-Recht verletzt wird.“, meint die Bündnisgrüne Landtagsabgeordnete aus Frankfurt (Oder) Sahra Damus. „Die Beantwortung des Widerspruches des Landes Brandenburg gegen die Ausbau-Pläne von 2020 wurde kürzlich zum bereits siebten Mal verschoben – aktuell bis zum 30. Juni. Es fällt schwer, das inzwischen noch anders zu deuten als Verzögerungstaktik“, ergänzt sie.

Einschreiten will die EU-Kommission zunächst noch nicht. „Nur nationale Gerichte können beispielsweise Anordnungen an Verwaltungsbehörden erlassen und eine nationale Entscheidung aufheben“, erklärte Sinkevičius in seinem umfassenden Schreiben. Aktuell laufen auch Klagen des Brandenburger Umweltministeriums und der Naturschutzverbände vor dem polnischen Verwaltungsgericht in Warschau. Der einseitige Beginn von Bauarbeiten auf der polnischen Seite des Grenzflusses hatte in den vergangenen Wochen für Unmut und Verstimmung auf der deutschen Seite gesorgt.

„Die Umweltdirektion der EU-Kommission sieht ganz genau hin, was aktuell an der Oder passiert. Und das ist auch gut so. Allerdings geht uns das nicht weit genug. Als Geldgeberin muss die Kommission darauf achten, dass ihre Fördermittel nicht für Zwecke eingesetzt werden, die dem EU-Recht widersprechen. Genau das hat aber ein von uns beauftragtes Rechtsgutachten erst kürzlich herausgearbeitet. Daher gehören die gesamten Finanzierungszusagen auf den Prüfstand.“, kündigt die Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im EU-Parlament Ska Keller an.

Die EU-Umweltpolitikerin Jutta Paulus mahnt die Republik Polen zur Einhaltung von Natur- und Umweltgesetzen der Europäischen Union. „Nicht zum ersten Mal erleben wir, dass sich Polen über europäisches Recht hinwegsetzt. Umwelt und Natur sind europäische Gemeingüter und ihr Schutz ist für alle Mitgliedstaaten verpflichtend. Gerade besonders wertvolle Ökosysteme wie Auenlandschaften dürfen nicht nach Belieben für nationale Interessen geopfert werden.“, sagt Paulus. „Die Diskussion muss auf allen Ebenen weitergeführt werden“, sagt Damus.

 

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