Dezember 2, 2020 | Pressemitteilungen

Sulfat-Bedrohung der Trinkwasserversorgung von Frankfurt (Oder) durch Braunkohlebergbau. Erste Ergebnisse der Gefährdungsabschätzung liegen vor. Bündnisgrüne: „Uhr steht fünf vor zwölf“

Bei Mehrbedarf oder klimawandelbedingter Trockenheit besteht eine signifikante bzw. sogar hohe Gefährdung der Trinkwasserversorgung im Großraum Frankfurt (Oder). Das hat eine Anfrage der Frankfurter Landtagsabgeordneten Sahra Damus (B90/ Die Grünen) ergeben.

Momentan gibt die Landesregierung noch Entwarnung: „Unter den aktuell herrschenden Rahmenbedingungen besteht keine Gefährdung der Trinkwasserversorgung aus dem Wasserwerk Briesen“ heißt es vom Brandenburger Wirtschaftsministerium. Wegen der Sulfatbelastung des für den Raum Frankfurt (Oder), Briesen, Müllrose und Biegen aus der Spree gewonnenen Trinkwassers wurde vom Land eine Gefährdungsabschätzung in Auftrag gegeben. Obwohl das Gutachten noch nicht öffentlich vorliegt, hat die Landesregierung nun erste Ergebnisse mitgeteilt. Das Thema steht nun am 9.12. auf der Tagesordnung des für Bergbau zuständigen Wirtschaftsausschusses des Landtags. Noch vor Jahresende soll die Gefährdungsabschätzung zudem online gestellt werden.

Die bündnisgrüne Landtagsabgeordnete Sahra Damus sieht akuten Handlungsbedarf: „Es muss nun darum gehen, was die nächsten Schritte sind, um eine Beteiligung der LMBV an der Finanzierung der Ertüchtigung des Wasserwerks Müllrose zu erreichen. Die ersten Ergebnisse der Gefährdungsabschätzung zeigen eindeutig, die Uhr steht auf fünf vor zwölf. Es muss dringend gehandelt werden. Wir haben ein kleines Zeitfenster um endlich Maßnahmen einzuleiten, wie die Ertüchtigung des Wasserwerkes Müllrose. Der Klimawandel und die Trockenheit schreiten immer weiter voran, wie die letzten Jahre uns allen eindrücklich vor Augen geführt haben“, sagt Damus. So wurde der Immissionsrichtwert von 270 mg/l am Pegel Neubrück in 2020 bereits an mehr Tagen als maximal vorgesehen überschritten.

„Es ist den Frankfurter Wasserkund*innen nicht zuzumuten, die Kosten für die jahrzehntelange Kohleförderung mit all ihren Nebenwirkungen aufzubürden“, sagt die Frankfurter Landespolitikerin: „Die Verursacher*innen, wie der Braunkohlebergbaubetreiber LEAG und der für die DDR-Tagebaue verantwortliche bundeseigene Bergbausanierer LMBV (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH) müssen die Kosten übernehmen. Dafür liegt mit der Gefährdungsabschätzung nun eine Zahlungsgrundlage vor“, sagt Damus. Sulfat wird in Folge des Braunkohlebergbaus ausgeschwemmt und bedroht über die Spree das Trinkwasser, insbesondere in Frankfurt (Oder) und Berlin.

Alena Karaschinski, Sprecherin des Frankfurter Kreisverbandes, ergänzt: „Zurzeit ist Wasser eine global begrenzte Ressource, die wir besonders schonen müssen. Daher sind diese Ergebnisse ein Beweis dafür, dass wir dringlich ein besseres und länderübergreifendes Wassermanagement brauchen. Nur damit werden wir die Folgen des Braunkohlenbergbaus und die Herausforderungen der Klimakrise für die Trinkwasserversorgung bewältigen können, um das Grundwasser für Trinkwassergewinnung sicherzustellen. Das ist im Koalitionsvertrag vorgesehen und ich setzte mich dafür ein, dieses Vorhaben voranzutreiben”.

Als „gutes Zeichen“ bewertet Damus die Ankündigung, dass es einen Maßnahmenkatalog geben soll. „Zu den betrachteten Maßnahmen zählen, u.a. die Erschließung weiterer und neuer Grundwasserressourcen, der Zusammenschluss mit einem anderen Versorgungsgebiet und technische Aufbereitungsverfahren“, führt das Wirtschaftsministerium in der Antwort auf die kleine Anfrage aus.

In der Gefährdungsabschätzung wurden auch weitere Szenarien geprüft, so etwa die Ausschöpfung der maximal zulässigen Fördermenge an Trinkwasser, wenn es zu weiteren Industrieansiedlungen – etwa durch Tesla kommt. Zudem muss das Wasserwerk handlungsfähig sein, falls Anlagen teilweise ausfallen. „Neben der Bedrohung durch den Klimawandel braucht die Stadt Frankfurt (Oder) die Möglichkeit der Entwicklung. Daher sehe ich es als unabdingbar an, dass es zu der Ertüchtigung des Wasserwerkes Müllrose kommt und damit neue Grundwasserressourcen der Stadt zur Verfügung gestellt werden – auch für mögliche Industrieansiedlungen“, sagt Damus. „Ich hoffe, alle Beteiligten und die Verursacher*innen sehen auch die Notwendigkeit zu handeln und werden Frankfurt mit den Problemen nicht alleine lassen“, resümiert Damus. Wir werden das weitere Vorgehen des LGBV weiterhin eng begleiten und, falls keine wirkungsvollen Maßnahmen ergriffen werden, tätig werden.

>> Antwort der Landesregierung (Drucksache 7/2450) 

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