Meine Reden

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Juni 17, 2020 | im Landtag, Meine Reden

Meine Rede zum Antrag der Koalitionsfraktionen zur „Weiterentwicklung der Kleingärten in Brandenburg“

>> Video zur Rede (Quelle: rbb)

>> Link zum Antrag 

– Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin

Liebe Kolleg*innen,

Werte Gäste,

Kleingärten, wird da nicht die Heckenhöhe mit dem Zollstock gemessen? Und prüfen da nicht kritische Augen, ob man auch ja genug Gemüse anbaut?

Jaja, Kleingärten haben einen spießigen Ruf. Und das Bundeskleingartengesetz ist auch wirklich manchmal speziell, …aber ich will hier ganz klar eine Lanze brechen für den Kleingarten. Die vermeintlich kleinkarierten Regeln haben den Sinn, sicherzustellen, dass Kleingärten für das genutzt werden, wofür sie gedacht sind: zur Selbstversorgung und zur Erholung.

Es sind eben keine Wochenendgrundstücke, Kleingärten sind eine soziale Institution. Sie werden durch eine sehr niedrige Pacht von der öffentlichen Hand so günstig gehalten, dass wirklich alle sie sich leisten können. Und die Möglichkeit haben auf ein Stück Natur, auf selbstgezogenes Obst und Gemüse, auf einen Rückzugsort, auf eine Tobewiese für die Kinder.

Über 61.000 Kleingärtner*innen gibt es in Brandenburg. Aus allen Berufen und Schichten, verschiedenen Alters und verschiedener Herkunft.

Und entgegen dem spießigen Ruf sind Kleingärten keineswegs aus der Mode. Regelmäßig entdecken wieder neue Generationen die Kleingärtenfür sich. Es kommen junge Leute mit oder ohne Kinder(n) nach, wenn die Älteren langsam ans Aufhören denken und ihre jahrzehntealten Obstbäume übergeben. Mehr und mehr haben wir auch Geflüchtete in den Gartensparten, wie der Syrer, den ich kenne und der Gartenbau studiert hat. Aber der Generationenwechsel ist nicht so einfach. Was passiert mit leerstehenden Parzellen? Wer übernimmt die ehrenamtliche Arbeit im Verein? In einigen Vereinen herrscht Leerstand, in anderen sind die Wartelisten voll. Gerade zu Corona-Zeiten gab es viele Anfragen.

Die kulturelle Vielfalt kann auch eine Herausforderung sein, dabei brauchen die Vereine Unterstützung – wie kann ich einen Kleingarten an einen Geduldeten verpachten oder an die polnische Nachbarin? Dafür gibt es gute Beispiele im Land. Und beim Plausch über die Kartoffelkäferjagd funktioniert Integration sowieso am allerbesten.

Wir sollten die Kleingärten so weit wie möglich erhalten und nur im Notfall zurückbauen, dort wo wirklich dramatische Schrumpfung stattgefunden hat. Wir sollten sie aktiv in die Stadtentwicklung einbeziehen – mit kommunalen Kleingartenkonzepten.

Und wir sollten den Beitrag von Kleingärten in unserer Gesellschaft auch nicht belächeln. Es geht nicht nur um Gartenzwerge. Kleingärten sind öffentlich zugängliches Grün, sie haben einen sozialen und kulturellen Auftrag. Hier lernen Kinder, wie Radieschen wachsen. Den Kleingarten kann ich mir auch leisten, wenn ich in der Einzimmer-Plattenbauwohnung lebe.

Und – Kleingärten sind gut für das Stadtklima: große unversiegelte Flächen, kühlend im Sommer mit jeder Meng Insekten- und Vogelfutter. Wie bringen wir den Gartenfreund*innen den Umwelt- und Artenschutz nahe? Was machen wir mit Altlasten wie Asbest?

All diesen Fragen wollen wir uns auch auf Landesebene annehmen, indem wir die Ehrenamtlichen unterstützen, Handreichungen und Weiterbildungen organisieren. Probleme im Landeskleingartenbeirat besprechen. Und wir wollen eine Landesförderung schaffen, die bei Gemeinschaftsprojekten unterstützt.

Ich bitte um Zustimmung.

>> Video zur Rede (Quelle: rbb)

>> Link zum Antrag 

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Mai 15, 2020 | im Landtag, Meine Reden

Meine Rede zum Entschließungsantrag der Koalition „Zielgenaue Unterstützung von Studierenden und Hochschulbeschäftigten in der Corona-Pandemie“

– Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin

Liebe Kolleg*innen,

Werte Gäste,

was Corona an den Hochschulen ausgelöst hat, haben meine Vorredner*innen schon beschrieben. Mir liegen noch einmal zwei Punkte besonders am Herzen: die Studienfinanzierung und die Arbeitsbedingungen an Hochschulen.

Es war schnelles Handeln angesagt, damit das Sommersemester überhaupt starten konnte. Und um Studierenden und Beschäftigten in Notlagen zu helfen.

Und die Landesregierung war schnell. Sie hat den Hochschulen 4 Mio. Euro für Digitalisierung zur Verfügung gestellt. Und die Wissenschaftsministerin hat sich beim Bund für eine Ausweitung des BAföGs eingesetzt. Weil das zu lange dauerte, kündigte sie zunächst ein eigenes Darlehensprogramm an.

Dies wurde jedoch hinfällig, als die Bundesregierung endlich doch zu Potte kam:  eine Mrd. Euro für zinslose Kredite und 100 Mio. Euro für Zuschüsse an Studierende. Klingt erst mal viel, auf Brandenburg heruntergerechnet bleiben aber nur 1-2 Mio Euro für die dringend benötigten Zuschüsse. Viel zu wenig, um die sozialen Härten aufzufangen.
Und dabei hat die Bundesbildungsministerin gerade 900 Mio. Euro nicht abgeflossener Bafögmittel auf der hohen Kante. Anstatt das naheliegendste zu tun, und diese als Nothilfe an die Studierenden auszureichen, lässt Frau Karliczek das Geld ungenutzt herumliegen und gibt lieber Kredite aus. Ganz nach dem Glaubenssatz: Bildung muss etwas kosten, auch in der Krise. Verschuldung ist aber das letzte, was Studierende gerade hilft. Wir Grünen stehen für ein kostenfreies Studium. Und nach der Krise brauchen wir endlich eine grundlegende Bafögreform, denn immer weniger Studierende erhalten es.

Und eben weil die Bundesmittel zu knapp sind, schaffen wir mit dem Entschließungsantrag der Koalition die Voraussetzung, um sie aus Landesmitteln aufzustocken. Dort wo Studierende durchs Raster fallen und nicht von den Bundesrichtlinien erfasst werden.

Aber auch die Beschäftigten bereiten uns Sorgen. Hier wird erneut deutlich, warum wir den Dialogprozess für „Gute Arbeit“ in der Wissenschaft dringend brauchen. Befristet Beschäftigte und Lehrbeauftragte haben auch ohne Krise oftmals prekäre Arbeitsbedingungen. Durch Corona fehlt ihnen nun erst Recht Planbarkeit, Einkommen oder schlicht eine Vertragsverlängerung.

Wir bitten daher alle Hochschulen, ihre Verantwortung als Arbeitgeberinnen wahrzunehmen und befristete Verträge grundsätzlich um die Corona-Auszeit zu verlängern. In der letzten Woche hat der Bundestag dafür die rechtliche Grundlage geschaffen. Diese Verlängerung muss Standard sein, bei allen Betroffen. Es darf kein Flickenteppich entstehen.

Wie in allen anderen Bereichen braucht es Solidarität mit den Beschäftigten in der Krise.

Zum Schluss bleibt mir noch festzuhalten: Wären unsere Forderungen nach einem elternunabhängigen BAföG und nach „Guter Arbeit“ in der Wissenschaft Realität, hätten wir jetzt viele Notsituationen nicht.

So legt Corona einmal mehr den Finger in die Wunde und zeigt auf, wo wir nach der Krise nachbessern sollten.

 

>> Entschließungsantrag der Koalition zum Antrag der Fraktion DIE LINKE

>>Antrag der Fraktion DIE LINKE „Hochschulen in Zeiten von Corona- Soforthilfen für Studierende“

 

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Mai 14, 2020 | im Landtag, Meine Reden

Meine Rede zum Antrag der AfD-Fraktion „Kopftuchverbot in der Justiz zur Herstellung der religiösen Neutralität“

Es gilt das gesprochene Wort! –

Sehr geehrte Frau Präsidentin, 

liebe Kolleg*innen, 

liebe Gäste, 

werte Kolleg*innen von der AfD, wahrscheinlich sind Sie in lauten Jubel ausgebrochen, als sie das eben zitierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Februar gelesen haben. 

Hey, haben Sie sich gedacht, das passt super ins AfD-Profil, lasst uns mal wieder einen Antrag zum Kopftuchverbot machen, das funktioniert bei Facebook immer so gut: 

  • Angst schüren vor Muslimen, 
  • Frauen als unterdrückte Wesen darstellen
  • und entgegen der Faktenlage eine Mücke zum Elefanten zu machen. 

Sie wollen mit diesem Antrag den Anschein erwecken, dass besagte Gerichtsurteil sei ein Paradigmenwechsel und Sie die Kämpfer*innen für die Neutralität der Justiz. Mitnichten. Sie sollten den Beschluss mal bis zum Ende lesen, dann könnten wir unsere Zeit auch mit sinnvollen Anträgen verbringen. 

Die religiöse Neutralität des Staates ist ein hohes Gut, das es zu erhalten gilt. Allerdings ignorieren Sie genau das mit Ihrem Antrag. Denn das Bundesverfassungsgericht gibt uns als Parlament nach wie vor die Aufgabe, die beiden Verfassungsgüter Religionsfreiheit und weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates abzuwägen und miteinander in Einklang zu bringen. 

Keines der beiden Verfassungsgüter überwiegt so stark, dass es das andere per se aufheben kann. Das Tragen eines Kopftuches an sich ist keine Verfassungswidrigkeit, auch nicht bei einer Richterin, einer Staatsanwältin oder einer Referendarin. 

Ein solches, von Ihnen gefordertes Gesetz müsste – um verfassungsgemäß zu sein –  sämtliche religiösen Symbole gleichbehandeln. Sie picken sich aber eines heraus.

Unser Grundgesetz verbietet nämlich die Privilegierung und auch die Benachteiligung einzelner Religionen. Der Staat darf sich nicht mit einer bestimmten Religion identifizieren oder sie ablehnen. Und stellen Sie sich mal vor: Stattdessen spricht das Grundgesetz sogar davon, dass der Staat gekennzeichnet ist von Offenheit gegenüber der Vielfalt von Weltanschauungen und Religionen. Unser Staat baut auf einem Menschenbild auf, das geprägt ist von der Würde des Menschen, eines jeden Menschen. Auch der Würde einer Muslima mit Kopftuch.

Was sie dabei vergessen: die Funktionsfähigkeit der Justiz hängt nicht nur davon ab, dass der Staat religiös neutral ist, sondern auch davon, dass die Justiz unsere gesellschaftliche Vielfalt widerspiegelt und in sich diskriminierungsfrei ist. 

Eine einseitige Justiz kann nur schwer Neutralität wahren. 

Angesichts dessen, dass wir hier über eine einzige Person in der Brandenburger Justiz sprechen, die je in ihrer juristischen Funktion ein Kopftuch getragen hat, wird klar, dass sie sich an jeden Strohhalm klammern um überhaupt einen Anlass zu haben, gegen muslimische Mitbürger*innen Stimmung zu machen. Sie stellen das Tragen des Kopftuches als einen Angriff auf die staatliche Neutralität dar. Dieses vergiftete Gedankengut lässt Sie blind werden für die Grundsätze unseres Rechtsstaates.

Mir ist schon klar, dass es nicht in Ihr Weltbild passt, wenn eine Muslima eine rechtsstaatliche Funktion ausübt. Das würde ja heißen: Da ist eine Frau, die sich ihren Weg in eine wichtige Funktion unserer Gesellschaft erarbeitet hat und selbstbestimmt entscheidet, dass sie ein Kopftuch tragen will. 

Das passt so gar nicht zu der immer wieder erzählten Geschichte, Frauen mit Kopftuch seien unterdrückt, ihres eigenen Willens beraubt. Die Muslima im Gerichtssaal führt ihnen das Gegenteil vor Augen, und genau deswegen wollen sie das unterbinden. Sie reduzieren eine hervorragend ausgebildete Juristin darauf, welche Religion sie hat. Das sagt nichts darüber aus, ob sie eine emanzipierte Frau oder eine gute Juristin ist. Sondern offenbart nur, dass Sie offenbar gegen Religionsfreiheit sind.

Letztlich schränken Sie mit diesem Antrag genau das ein, was sie vorgeben schützen zu wollen:
die Religionsfreiheit, die Neutralität des Staates, und: den freien Willen der Frau.

Wir lehnen den Antrag daher ab.

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Februar 26, 2020 | Meine Reden

Meine Rede zum Antrag „Bergbauschäden in Lauchhammer – Betroffene brauchen Klarheit und Sicherheit“

>> Antrag (pdf-Datei)

– Es gilt das gesprochene Wort!

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Gäste,

in Zeiten des Braunkohleausstiegs reden wir viel über die aktiven Tagebaue in der Lausitz oder über die Folgen des umfangreichen Kohleabbaus zu DDR-Zeiten. In Lauchhammer wurde seit dem 19. Jahrhundert Kohle abgebaut: in der Kaiserzeit, der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Und auch die massiven Grundwasserabsenkungen zu DDR-Zeiten haben die Probleme möglicherweise verschlimmert. Damals wurde nicht immer dokumentiert, wo genau die Kohle abgebaut wurde. Geschweige denn, dass die Folgen beseitigt wurden. Der Wiederanstieg des Grundwassers führt nun dazu, dass sich Risse bilden und Häuser oder ganze Straßenzüge drohen abzusacken.

Unter dem Stadtgebiet von Lauchhammer sind noch einige ungute Überraschungen verborgen und bei den Anwohner*innen bleiben offene Fragezeichen. Vor einem Jahr waren die Probleme in Lauchhammer so dramatisch, dass die damalige rot-rote Koalition gemeinsam mit der CDU und uns Bündnisgrünen einen Antrag eingebracht hat, der zum Ziel hatte, diese besondere Situation zu klären. Er wurde am 14. März 2019 verabschiedet. Denn anders als bei den Bergbaufolgekosten aus DDR-Zeiten, für die die LMBV zuständig ist, also die Bundesebene, ist im Falle Lauchhammers nicht klar, wer für diese Schäden aufkommt. Denn sie stammen aus ganz verschiedenen Epochen. Die Stadt fühlte sich damit alleingelassen. In dem besagten Antrag hat sich der Landtag daher auf konkrete Schritte verständigt, um das Problem anzugehen. Und nun stellt hoffentlich auch der neue Landtag klar, dass wir die Unterstützung für die Bürger*innen von Lauchhammer fortsetzen werden.

Schon vor einem Jahr zeichnete sich ab, dass wir mit den Altbergbaufolgen noch weiterzukämpfen haben werden und dass es nicht einfach wird, diese Jahrhunderte alten Probleme zu lösen. Im Infrastrukturausschuss haben wir ausgewertet, wie es nach Verabschiedung des ersten Antrags im letzten Jahr weitergegangen ist und was zu tun bleibt: Die Anwohner*innen müssen in Zukunft frühzeitiger informiert werden. Das Verwaltungsabkommen zur Braunkohlesanierung zwischen Land und Bund aus dem Jahr 2018 ist zu dünn und bildet diese komplizierten Fälle nicht ab. Die Landesregierung verhandelt daher mit dem Bund, um den Betroffenen angemessene Entschädigungszahlungen zu ermöglichen. Unser Ziel muss es sein, dass sie sich eine neue Existenz in Lauchhammer aufbauen können. Die Situation der betroffenen Unternehmen müssen wir ebenfalls berücksichtigen.

Ich bin froh, dass wir uns auf einen gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen, der Linken und der Freien Wähler einigen konnten. Ich sage an dieser Stelle aber auch ganz klar, wir Bündnisgrüne hätten uns mehr konkrete Schritte gewünscht. Wir sprechen hier immer nur über Lauchhammer, aber wir wollen, dass auch andere Städte und Regionen, die in eine ähnliche Situation kommen könnten, frühzeitig unterstützt werden. Dazu müssen neue Daten erhoben werden. Wir wollen, dass die Landesregierung ein Datenerhebungskonzept in Zusammenarbeit mit dem Bund entwickelt um Daten zur Standsicherheit von Gebäuden in anderen möglicherweise betroffenen Städten und Gemeinden und auf Flächen mit land-, forstwirtschaftlicher oder touristischer Nutzung zu erheben und zugänglich zu machen. Auf Grundlage dieser neu erhobenen Daten aus den betroffenen Gebieten sollte ab 2022 mit dem Bund ein weitreichenderes Verwaltungsabkommen verhandelt werden. Und wir sollten darüber im Gespräch bleiben, ob nicht eine Anpassung des Ordnungsbehördengesetzes notwendig ist, um die frühzeitige Ausstellung der Bescheide an die Betroffenen zu regeln. Auch die Einrichtung eines Fonds für besondere Härtefälle hätten wir gerne unterstützt. Es ist sicherlich richtig, dass dies im Gesamtpaket mit dem Bund verhandelt werden muss. Gleichwohl müssen wir in Brandenburg schnell handlungsfähig sein. Am wichtigsten ist uns, dass sich der Landtag heute dafür einsetzt, den betroffenen Familien und Unternehmen zügig eine*n Ansprechpartner*in des Landes für Probleme bei der Umsiedlung an die Seite zu stellen. 

Wir bleiben dabei, dass wir zukünftig eine Ombudsstelle einrichten sollten, dafür haben wir nun einen Prüfauftrag vereinbart. Denn leider steht zu befürchten, dass die Fälle, über die wir aktuell in Lauchhammer reden, nicht die letzten in diesem Land sein werden. Auch in Zukunft werden wir Lösungen für die Altbergbauschäden finden müssen. Umso besser, wenn wir mit diesem Antrag also einen wichtigen Schritt vorankommen. 

>> Antrag (pdf-Datei)

Der Antrag wurde angenommen.

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